05.11.2011 - 26.11.2011
copyright
4 Künstler
4 x anders
Elisabeth Brügger | DAX | Arve Frase | Dietmar Walther
Eröffnung am 05.11.2011 um 19.00 Uhr
ab 19.00 Uhr Performance Trash People 2.0 – frei nach HA Schults Kunstprojekt Trash People
Finissage am
26.11.2011 von 18.00 bis 20.00 Uhr
Fango, Dietmar Walther
Vier Künstler gehen fremd.
Sie interpretieren, imitieren, kopieren ein berühmtes bzw. sehr
teures Kunstwerk eines Anderen.
Und während des Entstehungsprozesses sehen sie sich mit wiederkehrenden
Fragestellungen konfrontiert:
Wo hört das eigene Kunstwerk auf? Wo beginnt das Werk eines Anderen? Wie wichtig ist
die Inspiration durch bedeutende Kunstwerke für die eigene Arbeit?
Elisabeth Brügger (Skulptur, Installation, Objekt), Arve Frase (Fotografie, Malerei,
Installation), DAX (Fotografie, Grafik, Installation) und Dietmar Walther (Konzept -
Performancekunst, Fotografie) gehen in Copyright nicht nur der Frage nach wie frei die
Kunst heutzutage noch ist, was ein Künstler darf oder nicht? Sie beschäftigen sich auch mit
den Hindernissen des modernen kommerzialisierten Kulturbetriebes. In einer Gesellschaft,
in der es eigentlich Aufgabe der Öffentlichkeit wäre, der Kunst Präsentationsmöglichkeiten
zu verschaffen, ohne eine Vorauswahl im Hinblick auf Konsumierbarkeit und zurechtgelegte
Klassifizierung von Kunst vorzunehmen, wird der Künstler hauptsächlich durch äußere
Faktoren gehemmt: der Kulturbetrieb an sich, die Kuratoren, das Streben nach Profit oder
eben das Recht am (geistigen) Eigentum.
Für die Ausstellung wurden vier Arbeiten geschaffen, die Damian Hirsts „Tigerhai“ (The
Physical Impossibility of Death in the Mind of Someone Living), Andy Warhols „200 One
Dollar Bills“, Joseph Beuys „Butterberg“ und antike Bronzespiegel zeitgemäß interpretieren.
Neben diesen vier Hauptwerken zeigen die Künstler eine Auswahl ihrer bisherigen Arbeiten.
Am Eröffnungsabend findet darüber hinaus die Performance Trash People 2.0 statt,
angelehnt an das Projekt „Trash People“ von HA Schult, welches in den vergangenen 15
Jahren unter Ausstoß von Unmengen an CO2 und einem, nur durch zahlungskräftige
Sponsoren ermöglichten, finanziellen Aufwand von ca. 6 Millionen US $ an die
verschiedensten Orte der Welt geschafft und dort als Mahnmahl für Globalisierung und die
Konsum- und Wegwerfgesellschaft ausgestellt wurde.
artists statements:
Elisabeth Brügger
Ich fühle mich so schön geleitet von der Kunst, obwohl ich anfangs selten
weiß, was sie vorhat und wohin sie mit mir will. Darauf soll ich mittendrin
dann selbst kommen. Und sie will, dass ich immer wieder ganz anders für sie
arbeite, jedenfalls war das bisher so. Auch muss ich mit, wenn sie Haken
schlägt wie ein Hase, um stets dem Selbstzitat zu enteilen und das Raubtier
Routine abzuschütteln. Es erstaunt mich, an welche inneren und äußeren Orte
wir auf diese Weise kommen." So habe ich vor kurzem erst das Verhältnis zu
meiner strengen Chefin, der Kunst, beschrieben. Bezug nehmend auf das Thema
Copyright füge ich hinzu, dass die Kunst mich meist uninformiert zur Arbeit
schickt. Oft gibt sie mir nur ein Stichwort mit auf den Weg, oder ein altes
Bild. Dabei ist sie so frei, sich nicht für das Copyright zu interessieren.
Sie will, dass alles im Fluss bleibt.
Die Arbeit Auf Erden entstand aus dem Bildmaterial von Illustrierten und einer
Künstleranatomie. Auf einem raumfüllenden Origami-Gebilde (Himmel-und-Hölle) wird
zwischen den Abbildungen eine Beziehung hergestellt, die durch die Bildpositionierungen
auf Innen- und Außenflächen, durch die Statik und eine mögliche Beweglichkeit des
Objektes bestimmt wird.
Die Idee zu der Serie Neue Bronzespiegel für ein Neues Jahrtausend ist angeregt
durch antike Vorbilder, deren ehemals polierte Spiegelflächen korrodiert sind, deren
Rückseiten jedoch mit figürlichen Darstellungen geschmückt sind. Ich wollte Varianten
neuer Bronzespiegel herstellen, die wieder als Spiegel zu gebrauchen sind. In zwei der
Spiegel sind auf die Rückseiten aphorismusähnliche Sätze graviert - Reflexion durch
Reflexion und durch den Blick “hinter“ den Spiegel.
DAX
“Money itself is beautiful – money is art!” Das sagte Andy Warhol als einer der Ersten in
Zeiten der PopArt. Möglicherweise war das der einzige Beweggrund für Andy Warhol, sein
1962 entstandenes Werk „200 One Dollar Bills“ zu schaffen. Und dieses Kunstwerk wurde
2009 für sagenhafte 43,8 Millionen Dollar versteigert.
Da fragt man sich als bildender Künstler „Wer macht solche Preise“?
Würde ich als Erschaffer von Kunst von mir aus eine solche Summe verlangen?
Vielleicht sollte man das einfach mal machen und sehen, was passiert?
Warhols Siebdruck inspirierte mich für meine Arbeit mit dem Titel „LebensWERT?“
In unserer Gesellschaft ist es schon lange nicht mehr die Politik, welche die Macht hat –
es ist das Kapital. Es bestimmt, wer wann was wie viel produziert und verdient. Es sagt, was die Politik zu entscheiden hat. Und die Politik steht da wie ein gerupfter Adler und ist
eigentlich gar nicht mehr „flugfähig“.
So ähnlich geht es auch einem ALG II Empfänger, der, aus welchem Grund auch immer,
von einer Grundsicherung von 364 EUR im Monat seine Existenz, sein Leben, bestreiten
muss. Auch hier bestimmt das Geld, was man machen darf, machen kann, was man sich
erlauben kann … Ist das noch Leben oder ist es nicht eigentlich nur reines Überleben ohne
jegliche Handlungsfähigkeit?
Ist ein Leben nur diesen Betrag WERT? Ist das der LebensWERT?
Arve Frase
Joseph Beuys installierte im Jahr 1982 in seinem Atelier die Fettecke. Dieses Kunstwerk
wurde nach seinem Tod durch einen beflissenen Hausmeister von seinem Ort entfernt.
Das Gerichtsverfahren über die entfernte Fettecke, welche ein Meisterschüler von Joseph
Beuys in seinem Besitz wähnte, zeigt einmal mehr die Absurdität von Kunst und Kommerz.
Es wurde in zweiter Instanz ein Vergleich mit dem Meisterschüler geschlossen, woraufhin
dieser 40.000 DM vom Land Nordrhein-Westfalen erhielt.
Was machte bei Beuys die Wahrnehmung seiner Person als Künstler in der Öffentlichkeit
aus? Da Beuys als ein bedeutender Künstler gilt, wurde er ein Teil des Kunstbetriebes.
Seine Kunst ist wertvoll.
Ich erstelle ein Plagiat, ein Multiple – denn die Teilhabe Aller an der Kunst ist ein
vordringliches Mittel, meinen Standpunkt in diesem Kulturbetrieb zu verdeutlichen.
Der Butterberg wird in der Ausstellung als Installation dargestellt. Er besteht aus
portionierten Butterpäckchen à 20g. Die Verpackung wird mit einem von mir gestaltetem
Label versehen. Auf dem Label ist ein Hase. Furchtlos. Der Hase war für Beuys das Sinnbild
für Inkarnation. Beuys hatte eine Fettecke aus 5 Kg Butter. Mein Butterberg wird auch
aus 5 Kg Butter bestehen.
Zur Vernissage wird es einen Tisch mit „offener“ Butter und Baguette geben. Die Besucher
werden selbst entscheiden, ob sie das Angebot der Teilhabe an der Installation wahrnehmen.
Butter vom Hasenhügel - der einzige Butterberg auf weiter Flur.
Dietmar Walther
Der Fisch von Damien Hirst, welcher durch Gefangennahme und Abschlachtung und
anschließende, aufwendige Maßnahmen in Verbindung mit langer Reise aus seinem
ureigensten Kontext in den der Kunstwelt transformiert wurde, fand 2004 einen
neuen Besitzer. Der Hedge Fonds Manager, Steven A. Cohen kaufte ihn für die
ungefähre Summe von 9 Millionen Euro. Der Fisch war ein Tigerhai und da seine
Hülle begann seine Konturen aufzulösen und die umgebende Flüssigkeit zu trüben,
wurde der alte Hai bald durch einen Neuen ersetzt.
Was macht dieses Werk von Damien Hirst so spektakulär? Ist es der pure Eifer und
die Neugierde den Tod aus nächster Nähe zu betrachten, von einem Lebewesen,
das uns selbst nach dem Leben trachten könnte? Oder ist es der Preis, durch
Spekulation hochgetrieben, die Phantasie, die poetisch klingende Umschreibung des
Profitpotentials? Hedge Fonds Manager gelten als die aktivsten Käufer und
Verkäufer am Kunstmarkt, die mit großen Summen in Werke einiger Künstler
investieren und somit die Preise nach oben treiben, um sich ihrer Positionen später
mit Profit zu entledigen oder durch Schenkungen ihre Steuerlast senken und
möglicherweise einen Posten als Trustee in einem renommierten Museum erhalten.
Also Beweggründe für Profit und Status statt für die „schönen“ Künste? Spiegelt
diese Kunst lediglich die kaputte Wertewelt ihrer Mäzene und Finanziers wieder?
Worin unterscheidet sich dieses vormals schlecht präservierte Spezimen mit jenen
Formaldehydkollegen, die in den Regalen des Biologieunterrichts oder dem
Naturkundemuseum zu sehen sind?
Worin liegt das Sein der Kunst in diesem Fall?
Ist es die schiere Größe vereint mit der ausgewählten Sonderheit und derästhetisierten Präsentationsform? Statt Einmachglas ein aufwendig konstruierter,
weiß lackierter Stahlrahmen mit Verglasung? Würde der Titel: „The Physical
Impossibility of Death in the Mind of Someone Living“ von Hirsts Arbeit andere
Formaldehydeinlagen zu Kunst transformieren, wenn sie dementsprechend betitelt
und ausgestellt würden? Dabei einmal vernachlässigt, dass jedes Ding, Sache oder
Handlung zur Kunst transformiert, sobald es im Rahmen des „White Cubes“ zur
Ansicht ausgestellt würde.
Die Tötung von mittlerweile 2 Haien, ist ein weiterer Aspekt, der das kaltblütige
Kalkül im Sinne der „Kunst“ analog mit Spekulationsgeschäften zum Zeitspiegel
werden läßt.
Diese Ausstellung wurde realisiert mit freundlicher Unterstützung von Fislage.
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